Pilz-Exkursionen


19.12.2021 - Kieswerk bei Rehna NWM

Nach langer Zeit war es uns mal wieder vergönnt, eine vorweihnachtliche Exkursion zu unternehmen.

Die nachfolgenden Faktoren passten ziemlich gut zueinander, sodass ich mit dem Vereinsvorsitzenden Torsten Richter vom Pilzverein "Heinrich Sternberg" Rehna e.V. eine Exkursion in eine stillgelegte Kiesgrube plante. Arbeitsmäßig hatten wir beide das Jahr 2021 schon hinter uns gelassen, zudem hatten wir Zeit und Lust, gemeinsam auf die Pilzjagd zu gehen. Dazu kam, dass die Wetterbedingungen nahezu ideal waren, um nicht nur nach großen Pilzen, sondern auch verstärkt nach den kleinen Pilzen, nämlich nach Moosbecherlingen zu schauen. Der Plan klang gut und stand, nun durfte nur nichts mehr dazwischen kommen. Stürmische Böen und leichter Nieselregen begleiteten mich in Richtung Rehna, das war mir aber weitestgehend egal, denn unser Motto ist in der Regel: Hauptsache raus, irgendwas an Pilzen wird es schon geben. Gut gelaunt erreichten wir gegen 10 Uhr unser Zielgebiet. Wir hatten noch nicht einmal unsere Gummistiefel angezogen, da ging es schon mit den ersten Pilzen los. Der Moosbecherling - Octospora gemmicola - machte den Anfang. Damit war klar, dass wir hier heute noch einiges finden und mit Sicherheit nicht mit leeren Händen nach Hause fahren werden. Nach etwa weiteren 10 Minuten hörte man einen erfreulichen, aber auch einen etwas fragenden Aufschrei von Torsten. Was war los? Torsten hielt ein Stück Moos mit einem kleinen orangen Pilz darauf vor sich. Hübsch war er wirklich und nach der nächtlichen mikroskopischen Auswertung, wurde der Nabeling als Rickenella mellea bestimmt. Orange war Programm und so folgte ein großer Ast voller prächtiger Orangeseitlinge (Phyllotopsis nidulans). Bevor es aber erneut ziemlich orange weitergehen sollte, wurden wir an einer Böschung von niedlichen weißen kugelsporigen Stummelfüßchen (Crepidotus cesatii) aufgehalten. Bei dieser Begegnung entdeckte man gleich noch zwei andere spannende Arten, nämlich ein paar blasse Hautscheibchen (Pellidicus pallidus) und einen dunklen Schleimpilz (Dianema depressum). Die Zeit verging schnell und nun wollten wir endlich mal richtig in die Kiesgrube rein, was wir ursprünglich auch so vorhatten. Bereits nach weiteren 20 Metern wurden wir wieder ausgebremst. An einer alten Weide konnten wir tatsächlich zwei Moosbecherlinge von Octospora ortotricha am Wirtsmoos Orthotrichum diaphanum finden. Kurz gefreut, schnell ein paar Bilder gemacht, fix in die Dosen gepackt und rasch weiter. Ich hatte noch nicht einmal meinen Rucksack ordentlich zugemacht, da rief Torsten gleich zum nächsten Fund. Hunderte Moosbecherlinge von Octospora musci-muralis am Wirtsmoos Grimmia pulvinata besiedelten das Areal. Eine Art, die in Deutschland weit verbreitet und in manchen Gebieten sogar sehr häufig ist. Dadurch, dass die Art in ihrer Gattung verhältnismäßig groß werden kann und wir das ganze Jahr über auch gezielt nach Moosbecherlingen gucken, müssen wir einfach davon ausgehen, dass die Octospora musci-muralis, zumindest in Mecklenburg-Vorpommern alles andere als häufig ist. Nachdem wir noch ein Erinnerungsbild gemacht hatten, lief langsam aber sicher die Zeit ab. Wenigstens 10 Minuten wollten wir aber noch einen Wall abgucken, entlang eines kleinen Baggersees. Während es auf dem Moos von Aloina nichts an Lamprospora-Arten gab, wuchs an verschiedenen Moosen von Bryum noch Octospora leucoloma und Octopora similis. Damit waren nun auch die letzten Dosen endgültig voll und wir gingen zurück zum Auto. Ich denke, man hätte dort durchaus noch paar Stunden verbringen können und das war auch ein Grund dafür, dass wir in diesem Gebiet bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sind. Zum Schluss also unsere Empfehlung, so zwischen weihnachtlichem Gänsebraten und Neujahrsfrühstück ruhig mal raus in die heimischen Pilzreviere. Nicht nur kleine Pilze, sondern auch Austernseitlinge und Winterrüblinge, warten darauf entdeckt zu werden.