Pilztagebuch - 2. Quartal 2022


April * Mai * Juni

01.04.2022 - Gestern und heute war ich in verschiedenen Biotopen unterwegs und alle hatten eins gemeinsam, frische Pilze waren überall Mangelware. Es ist einfach zu trocken! In knapp 7 Wochen hat Wismar, ob fester oder in flüssiger Form, nur 1,3 Liter an Niederschlag bekommen. Zu diesem unschönen Ereignis kommen noch weitere Faktoren dazu, dass oberirdisch alles abgetrocknet ist. Kein Regen, permanente Minusgrade in den Nächten, Sonnenschein von früh bis Sonnenuntergang und dazu weht seit Anfang des Jahres fast täglich ein unangenehmer frischer Wind. Dieser Cocktail von Ereignissen ist ein klarer Knockout für die Großpilze. Nächtliche Kälteeinbrüche scheinen aber erst einmal vom Tisch zu sein und es soll sogar ab Sonntag immer wieder Regenfälle in unserem Einzugsgebiet geben. In welcher Intensität es aber bei uns nass wird, können wir dann ab morgen beobachten.

 

09.04.2022 - In der Nacht war es so kalt, dass ich heute Morgen am Auto wieder die Scheiben von Eis befreien musste. Danach besuchte ich einige Stellen, an denen die begehrten Morcheln immer schon relativ früh erscheinen. Wie es aber zu erwarten war, ist in diesem Jahr noch nichts gewachsen. Da ich noch etwas Zeit zu Verfügung hatte, entschloss ich mich noch ein zuverlässiges Gebiet mit Morchel-Becherlingen aufzusuchen. Ich war überrascht, dort weniger zu finden als bei meinem letzten Besuch. Lediglich die Überreste von den Morchelbecherlingen standen noch, die ich da vor zwei Wochen finden konnte. Im Moment ist es wirklich nicht viel los.

 

10.04.2022 - Obwohl heute Mittag die Regenwahrscheinlichkeit sehr hoch war, versuchte ich dennoch mein Glück und fuhr in einen Kiefernwald. Eigentlich eine gute Adresse um in dieser Jahreszeit, frische Pilze zu finden. Um es kurz zu machen, es war sehr deprimierend! Der Dauerbegleiter „Wind“ war natürlich voll dabei und hat wieder gezeigt, was er so kann. Keine Pilze, strenger Wind haben schon für schlechte Laune gesorgt, aber es kam selbstverständlich noch besser. Bei zwei Grad setze plötzlich Starkregen mit Graupel und Schnee ein. Auf der Heimfahrt klarte der Himmel auf und ich entschloss mich, noch in einer Kiesgrube mit angrenzendem Fichtenwald anzusteuern. Das ehemalige Kieswerk war durch die vergangenen Wochen völlig trocken gepustet und unter Fichten gab es auch nichts an Pilzen zu finden. Lediglich auf der Unterseite von etwas Totholz konnte ich noch winzige Becherlinge finden.

 

15.04.2022 - Von Morcheln gibt es weiterhin keine Spur, aber auch andere Frischpilze zu finden, stellt eine Herausforderung dar. Mich zog es heute in einen Fichtenwald auf kalkhaltigem Boden und konnte tatsächlich den Glänzenden Schwarzborstling (Pseudoplectania nigrella) finden.

 

Abgesehen davon, dass ich momentan fast bis überhaupt keine Zeit für die Pilze habe, ist es an der Pilzfront allgemein ein echter Graus. In den ersten zwei Aprilwochen hatte es zwar immer mal wieder kurz geregnet, aber die 25 Liter, die da tröpfchenweise zusammengekommen sind, wurden von Wind sofort wieder vernichtet. Dazu kamen die davorliegenden sechs Wochen komplett ohne Regen daher und seit den letzten 10 Tagen dominiert die wieder die Trockenheit, Sonne und der Wind das Geschehen. So war es auch nicht besonders verwunderlich, dass ich heute auf der wahrscheinlich ersten und letzten Morcheltour in diesem Jahr keine großartigen Erfolge in puncto Morcheln einfahren konnte. Umso mehr freue ich mich heute noch über meinen persönlich Erstfund, den ich letzte Woche im Fichtenwald verbuchen konnte. Der glänzende Schwarzborstling (Pseudoplectania nigrella) stand schon sehr lange auf meiner Wunschliste. Mit den Bildern war ich den Tag nicht zufrieden, aber nun, wo ich sie endlich finden konnte, werde ich bestimmt noch mal die Gelegenheit haben, bessere Bilder von ihnen zu machen. Die kommende Woche werde ich in Hamburg auf einer Weiterbildung sein und anschließen muss ich das Wochenende darauf arbeiten. Ab dem übernächsten Wochenende bin ich denn wieder unterwegs und falls noch jemand eine gemeinsame Pilzwanderung machen möchte, der schreibt einfach gerne eine E-Mail oder meldet sich über den Pilzverein Rehna.

 

13.05.2022 - Nach einer erneuten und sehr langen Trockenperiode brachen Dienstag endlich die ersehnten Regenschauer sintflutartig über Wismar herein. Die Wetterstationen konnten tatsächlich rekordverdächtige 2,4 Liter Niederschlag aufzeichnen und am Folgetag prasselten zusätzlich noch einmal stolze 1,0 Liter nieder ... Diese lächerlichen Mengen reichen noch nicht mal aus, um Unkraut auf einer Rasenfläche zum Wachsen zu bringen. Nichtsdestotrotz konnte Torsten Richter aus Rehna eine Reihe verschiedener Mollisien auf den unterschiedlichsten Substraten finden und später am Mikroskop zweifelsfrei bestimmen. Wenn alles so klappt wie gedacht, werde ich morgen mit Torsten eine Exkursion unternehmen und hoffentlich auch ein paar Pilze finden.

 

05.06.2022 - Wismar erlebt immer noch eine regelrechte Pilzarmut, aber die angespannte Lage sollte sich in den kommenden Tagen etwas verbessern. Für das Wachstum kleinerer Pilzarten werden die schwachen Niederschläge der vergangenen Tage ausgereicht haben. Am Sonntag war ich eigentlich mit ein paar Vereinsmitgliedern für eine gemeinsame Tour verabredet, an der ich am Ende aber doch nicht teilnehmen konnte. Viele Pilze soll es zwar nicht gegeben haben, aber sie waren dennoch erfolgreich und zufrieden. Ich für meinen Teil habe erst einmal sowohl beruflich als auch privat alles abgearbeitet, was ich mir vorgenommen habe. Dementsprechend habe ich den Kopf wieder frei und auch künftig wieder mehr Zeit für die Pilze. Das Wetter soll am Wochenende ganz passabel werden und ich bin mir sehr sicher, dass ich auch frische Pilze finden werde. Röhrlinge wie Hexenröhrlinge oder Steinpilze wachsen bereits, dann wird es mit etwas Glück auch ein paar seltene Arten geben. Wenn alles klappt, werde ich wahrscheinlich Donnerstag schon eine kleine Exkursion starten und dann mal schauen, was es so gibt.

 

11.06.2022 - Am Samstag war ich in West-Mecklenburg auf Exkursion. Pilze gab es so gut wie überhaupt keine, aber die zwei Arten, die ich finden konnte, entschädigten mich auf ganzer Linie. In einer alten Fahrspur konnte ich vier Schildborstlinge finden (Scutellinia umbrarum) und auf einem geschotterten Weg konnte ich erstmals Marcelleina persoonii finden. Kleine violette Becherlinge mit runden und verzierten Sporen, makroskopisch sowie auch mikroskopisch ein schöner kleiner Erstfund.

 

14.06.2022 - Heute hatte ich dank Überstunden einen freien Tag und nutzte ich prompt, um mich im Wald nach dem Pilzwachstum zu informieren. Kurz und knapp geschrieben, wir brauchen Regen. Die kleinen kurzen Regenschauer in der jüngsten Vergangenheit reichen bei Weitem nicht aus, um die Pilze wachsen zu lassen. Hier und da kann man zwar in feuchten Fahrspuren oder entlang von Waldtümpeln etwas finden, aber viel ist es nicht.

 

19.06.2022 - Freitag hatte ich einen Urlaubstag und den verbrachte ich am Strand und im Wald. Bei der Hitze und bei den Tausenden Mücken, die mich begleiteten, war die Suche sehr mühselig und wenig erfolgreich. Wie dem auch sei, ich war draußen an der frischen Luft und konnte wenigstens einige gelbe Borstlinge finden. Der kleine Sternhaarige Erdborstling (Cheilymenia crucipila) ist in den Sommermonaten ein häufiger Begleiter bei der Suche nach winzigen Ascomyceten. Ab heute Morgen sollte es eigentlich für einige Stunden ordentlich Regen geben, aber wie so oft ist  davon hier nichts angekommen. Ab und an wurde es zwar etwas dunkler oder es wurde auch mal kurz windig, aber am Ende ist nicht ein Tropfen Niederschlag vom Himmel gefallen. So wird das nicht besser mit dem Pilzwachstum, aber ändern kann man diese Situation auch nicht und wie sonst auch, müssen wir es so hinnehmen, wie es kommt.

 

25.06.2022 - Da die Wälder hier alle mehr als trocken sind, war ich mal in einem flachen Bach nach Pilzen schauen. Ein paar nette Kleinigkeiten konnte ich finden, aber bei der Mückenplage in Ruhe etwas suchen und dann noch zu fotografieren, war schon eine Herausforderung. Die Mühe und Anstrengung waren es am Ende aber Wert, denn der lila-braune Dickbecherling (Pachella babingtonii) hat mich auf ganzer Linie entschädigt.

 

30.06.2022 - Heute habe ich einen Buchenwald auf schwerem Lehmboden in West-Mecklenburg besucht. Ziel war es, eine kürzlich entdeckte Fahrspur nach kleinen Becherlingen abzusuchen. Denn nämlich in solchen Spuren steht das Wasser auch noch nach einer längeren Trockenperiode. Was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht! Fast zwei Stunden verbrachte auf ungefähr 40 Meter und ein Becherling reihte sich an den anderen. Die Dosen wurden schnell voll und ich bin mit dem Mikroskopieren noch nicht durch. Bisher 7 verschiedene Arten aus mehreren Kollektionen. Der beste Fund für mich war ein kleiner Kotling (Ascobolus lignatilis), direkt auf den harten, verdichteten Lehmboden.